Gefährlicher Hauptplatz für Blinde und Sehbehinderte in Linz (OÖ)

Antwort der Stadt Linz auf Anfragen bezüglich barrierefreien und verkehrssicheren Hauptplatz für Blinde und Sehbehinderte in Linz

Anmerkung: Die Peer-Gruppe „Bestimmt Selbstbestimmt!“ und Ich haben an den Behindertenbeauftragten der Stadt Linz und an die Linz AG einige Anregungen bezüglich eines barrierefreien und verkehrssicheren Hauptplatzes in Linz vorgebracht. Die Antworten waren für mich dann doch etwas überraschend. Blinden- und Sehbehindertenorientiert sieht eigentlich doch anders aus! Noch dazu, weil der Experte für Verkehr und Infrastruktur des BSV OÖ mitgewirkt hat.

Antwortschreiben Beginn:

An BT/Hrn. Ing. R.

Anregungen zur barrierefreie und verkehrssichere Gestaltung des Hauptplatzes von der

Peer-Gruppe „Bestimmt Selbstbestimmt!“ und Hr. Hojas

Sehr geehrter Herr R,

im folgenden erhalten Sie die Stellungnahme der Abteilung Verkehrsplanung zu den angefragten Punkten.

Stellungnahme

Ausgangssituation

Aufgrund einer Anfrage, die an den Beauftragter für Menschen mit Beeinträchtigungen des Magistrat Linz, Herrn Ing. R MAS MSc, gerichtet wurde, wurde die Verkehrsplanung des Magistrat Linz von ihm beauftragt folgende Punkte zu prüfen und eine Stellungnahme dazu abzugeben.

  • Errichtung einer Querungseinrichtung von Straßenbahnhaltestelle zum Hauptplatzbereich, die für blinde bzw. sehbeeinträchtigte Menschen gefahrlose benutzt werden kann.
  • Anbringen einer akustischen Auffindungsboje, die mit Handfunksender aktiviert wird, im Eingangsbereich der Linz AG, Hauptplatz 34.
  • Errichtung/ Anbringen von taktilen Leitsystemen am Hauptplatz, farblichen Abgrenzungen zwischen Fahrbahn und Fußgängerbereich, farblichen Markierung der Straßenbahnhaltestelle zur Straßenseite hin.
  • Querungsstelle an der Rathausgasse/Hauptplatz gerade für blinde und sehbehinderte Menschen verkehrssicherer gestalten.

Beurteilung

Unter Einbeziehung und in Abstimmung mit Beauftragter für Menschen mit Beeinträchtigungen des Magistrat Linz, der Linz AG und dem Referenten für Mobilität und Infrastruktur des Blindenverbands OÖ und Durchführung eines Ortsaugenscheins wird folgende Stellungnahme zu den angeführten Punkten abgegeben.

Die Errichtung einer Querungseinrichtung für blinde bzw. sehbeeinträchtigte Menschen ist aufgrund der verkehrstechnisch ungünstigen Lage der Straßenbahnhaltestelle schwierig umzusetzen. Dies wurde bereits in der Vergangenheit untersucht und es wurde keine Verbesserung zum aktuellen Zustand gefunden. Es werden aktuell Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation durch die Verkehrsplanung des Magistrat Linz auf Machbarkeit geprüft.

Aktuell ist der Bereich bereits mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30km/h teils verkehrsberuhigt. Des Weiteren ist das Ziel der sich bereits im Bau befindlichen Westtangente einen möglichst autofreien Hauptplatz durch entsprechende verkehrsberuhigende Maßnahmen unter Berücksichtigung von blinden bzw. sehbeeinträchtigten Menschen zu ermöglichen.

Der Wunsch zur Anbringung einer akustischen Auffindungsboje im Eingangsbereich der Linz AG, Hauptplatz 34, wurde mit der Linz AG abgeklärt. Aktuell wird das Anbringen einer Auffindungsboje im Eingangsbereich als Serviceleistung zur besseren Auffindbarkeit nicht vorgesehen.

Ergänzend möchten wir darauf hinweisen, dass es bereits verschiedene Möglichkeiten gibt Tickets unabhängig von einer Einrichtung der Linz AG am Hauptplatz zu erhalten. So ist es möglich über den Blindenverband eine Jahreskarte / Klimaticket zu erhalten, in Trafiken sind beispielsweise Tages- bzw. Monatskarte erhältlich, über die Linz AG erhält man, wenn man das möchte, automatisch ein Folgeticket. Wenn ein Besuch in ein Kundenzentrum der Linz AG notwendig sein sollte und das Kundenzentrum der Linz AG am Hauptplatz nicht gewählt wird, ist ein Besuch des Kundenzentrums in der Wienerstraße, wo ein Blindenleitsystem vorhanden ist, möglich.

Der Wunsch nach einem taktilen Leitsystem am Hauptplatz, einer farblichen Abgrenzung zwischen Fahrbahn und Fußgängerbereich bzw. farblichen Markierung der Straßenbahnhaltestelle zur Straßenseite wurde geprüft. Die Überprüfung hat ergeben, dass für ortskundige die aktuelle Situation am Hauptplatz als aktuell ausreichend angesehen wird, um sich auf dem Hauptplatz zu orientieren (rechteckige Struktur des Platzes).  Die farbliche Kennzeichnung der Straßenbahnhaltestelle wird von der Linz AG aktuell auch als ausreichend erachtet.

Die Querungsstelle an der Rathausgasse/Hauptplatz wurde im Rahmen des Ortsaugenscheins mitbegutachtet. Durch die klare Gebäudekante wird diese Querung von den Beteiligten nicht als unsichere Querungsstelle angesehen. Aus diesem Grund werden dort aktuell keine weiteren Maßnahmen ergriffen.

Zukünftig werden jedoch bei baulichen Maßnahmen taktile Leitsysteme mitberücksichtigt und diese in Abstimmung u.a. mit dem Behindertenkoordinator konzipiert.

Wenn es zukünftig zu Problemen bei den angeführten Punkten kommen sollte bzw. sich die Situation ändert, werden wir eine Neubewertung der Situation durchführen und entsprechende Maßnahmen planen.

Freundliche Grüße

OBR DI G. K.

elektronisch beurkundet

Sachgebiet : 006-06 Stellungnahmen interne und externe Sachverständige

Akt : 0125178/2021 PTU –  Hauptplatz

Barrierefreie und verkehrssichere Gestaltung

Peer-Gruppe

EE-Name : 2-0125178/2021

Beste Grüße

Antwortschreiben Ende:

Anmerkungen:

Der Hauptplatz von Linz ist für Menschen mit einer Sehbehinderung eine einzige graue Fläche. Man erkennt keine Unterschiede zwischen Gehsteig, Haltestellenbereich, Straße, Querungen, Stiegen oder Stufen. Trotzdem ist das für die Stadt Linz und des Experten des Blindenverbandes kein Grund, gut sichtbare Markierungslinien anzubringen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Haltestellenbereich der Straßenbahnhaltestelle. Auf der Seite der Schienen ist eine gut sichtbare gelbe Linie aufgebracht. Zur Straßenseite hin, die man dann queren „MUSS“ ist keine sichtbare Abgrenzung erkennbar. Es gibt nicht einmal einen Schutzweg.

Bei der Bushaltestelle Kärntnerstraße beim HBF Linz gab es das selbe Problem. Keine sichtbare Abgrenzung des Haltestellenbereiches zur Straße in beide Fahrtrichtungen. Dort wurden nach meiner Anregung entsprechende gut erkennbare weiße Linien aufgebracht. Am Hauptplatz ist das aber ein großes Problem. Der Unterschied aber ist, bei der Kärntnerstraße war der Experte des BSV OÖ nicht dabei. Da habe ich mich mit Mitarbeitern der Linz AG alleine unterhalten.

Es wurde auch zum Thema Bushaltestelle Kärntnerstraße eine Dokumentation mit Fotos erstellt.

Link zur Bildergalerie Blind in Linz: http://hojas.co.at/blindinlinz/index.php?/category/52

Anscheinend ist es von der Linz AG nicht „erwünscht“, dass Menschen mit Behinderung – und hier ganz besonders Blinde und Sehbehinderte – bei ihnen am Hauptplatz 34 (deshalb auch Kundencenter) vorbeikommen. Für Blinde und Sehbehinderte ist diese Adresse noch schwerer aufzufinden. Es gibt keine Anhaltspunkte und auch keine taktilen Bodeninformationen, die mich zum Eingang des Kundencenters leiten. Eine akustische Auffindungsboje, wie sie z. B. beim Musiktheater vorhanden ist, wäre eine einfache, schnelle und kostengünstige Lösung.

Aber auf diese Serviceleistung wird gerne verzichtet, weil:

Man kann seine Tages- oder Monatskarte in der Trafik kaufen,

Laut der oben angeführten Antwort, soll man über den BSV OÖ das Klimaticket erhalten? Anscheinend wissen das aber die Mitglieder des BSV OÖ nicht. Außerdem ist nicht bekannt, dass ein privater Verein das Klimaticket ausgeben darf. Wie soll das auch funktionieren. Diese Info ist reine Desinformation der Stadt Linz oder des Experten des BSV OÖ.

Am Mittwoch, 02.03.2022 war ich im Kundencenter der Linz AG in der Wiener Straße. Die TBI ist vorhanden und man kommt damit bis zur Info. Ich wollte gerne den „Ermäßigungsausweis für Menschen mit Behinderung“.  Die Antwort bei der Info: „Den gibt es hier nicht, da müssen sie zum Kundencenter am Hauptplatz!“. Mir war das bekannt, wollte mir nur die Bestätigung einholen. Die nächste Desinformation der Stadt Linz an Blinde und Sehbehinderte. Oder des Experten.

Blinde und Sehbehinderte müssen zur Linz AG am Hauptplatz, wenn sie einen Ermäßigungsausweis erhalten möchten. Was nun wiederrum nicht so einfach ist, da man dort nicht barrierefrei hinkommt.

Blinde und Sehbehinderte Kunden der Linz AG sind nicht nur auf Fahrkarten zu reduzieren. Sie sind Strom- und Internetkunden, Haben Beschwerden bezüglich der öffentlichen Verkehrsmittel. Haben vielleicht Beschwerden über DISA und LISA oder das Fahrpersonal. Und die sollen nicht in das Kundencenter am Hauptplatz kommen? Die aus Urfahr kommenden Blinden sollen am Kundencenter am Hauptplatz vorbeifahren, 20 Minuten bis zur Haltestelle WIFI weiterfahren, dort die stark befahrene Wiener Straße mit 5 Fahrspuren (ATAS vorhanden) queren, um zu erfahren: „Ermäßigungsausweis? Hier nicht“.

Bei der Rathausgasse ging es nicht darum, ob ich mich an irgendwelchen Häuserkanten orientieren kann, sondern das ich diese Straße sicher über einem Schutzweg queren kann. Für die sehenden Experten ist das sicher kein Problem. Aber für schwerst Sehbehinderte ist es ein Problem.

Leider sind das wieder einmal typische Beispiele dafür, wie „Sehende“ bestimmen, wie Blinde und Sehbehinderte im öffentlichen Raum zu funktionieren haben. Und wenn dann auch noch die „Bin gut Freund der Stadt Linz“ mitspielen, kann das für die Stadt nur positiv ausgehen. Wenn der „sehende?“ Vertreter der Blinden die Meinung vertritt, die Blinden brauchen das nicht, dann sollte man weder einmal auf die für Blinde fast „tödliche“ TBI bei der Straßenbahnhaltestelle beim Schloss Traun hinweisen.

Lebensgefährliche TBI in Traun: http://hojas.co.at/blindinlinz/index.php?/category/7

Link Youtubevideo über die lebensgefährliche TBI in Trau.: https://www.youtube.com/watch?v=GFaWZoKMj_0

Für die Personen, die sich für die Belange der Menschen mit Behinderung einsetzen, sind solche Bewertungen frustrierend. Und sie überlegen sich, warum sich die Menschen mit Behinderung das eigentlich alles gefallen lassen? Vielleicht geht es ihnen zu gut.

Bedauerlicherweise passieren am Hauptplatz immer wieder Unfälle mit Verletzungen durch die fehlenden Bodenmarkierungen. Das betrifft logischerweise die Sehbehinderten. Sehr viele ältere Menschen mit einer Sehbehinderung sind keine Mitglieder des BSV OÖ und trotzdem gehören auch diese Personen geschützt. Leider wird bei entsprechenden Unfällen keine Anzeige erstattet. Wenn das passieren würde, dann würden sicher auch die Verantwortlichen einmal anders über diese Problematik denken.

Link zur Bildergalerie Hauptplatz Linz: http://hojas.co.at/blindinlinz/index.php?/category/33

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