OÖ Blindensportclub – Wanderung des OÖ Blindensportclubs am 18.05.2025: Auf dem Proviantweg von Rosenau am Hengstpass nach Windischgarsten.

Am Sonntag, den 18. Mai 2025, trafen sich Blinde, Sehbehinderte und ihre Begleitpersonen am Infopoint des Linzer Hauptbahnhofs. Anlass dieser Zusammenkunft war eine Tour des Oberösterreichischen Blindensportclubs.

 

Für die Fahrt mit dem Zug Richtung Süden übernahm Alfons A., Spartenleiter für Bergsteigen und Wandern, die Organisation der Sitzplatzreservierungen. Zudem sorgte die Einstiegshilfe des ÖBB-OS (ÖBB-Operative Services, ehemals MUNGOS) für einen reibungslosen Start. Pünktlich um 7:55 Uhr fuhr unser Zug Richtung Graz ab. Während der Fahrt zu unserem Ziel in Windischgarsten schlossen sich bei mehreren Zwischenstopps weitere Teilnehmer der Wandergruppe an.

 

Die Wetterprognosen für diesen Sonntag waren durchwachsen, und je näher wir Windischgarsten kamen, desto stärker setzte der Regen ein. Doch das trübte die gute Stimmung nicht – schließlich waren wir wettererprobt und entsprechend ausgerüstet.

 

In Windischgarsten wartete bereits ein geräumiges Taxi mit 20 Sitzplätzen, das uns zum Ausgangspunkt unserer Tour brachte: den Parkplatz Zickerreith bei Rosenau am Hengstpass, auf etwa 984 Metern Seehöhe. Schon beim Aussteigen spürte man sofort die Atmosphäre einer Alm – in der Ferne erklang das beruhigende Läuten von Kuhglocken.

 

Hier trafen auch die restlichen Teilnehmer der Wandergruppe ein, sodass schließlich alle versammelt waren: 11 blinde und sehbehinderte Wanderer sowie ihre 13 erfahrenen Begleiter. Bevor die Tour beginnen konnte, machten sich alle erst einmal wetterfest und bereiteten sich auf die bevorstehende Wanderung vor.

 

Das Wetter spielte uns in die Karten – der Regen ließ allmählich nach, und so starteten wir in der frischen Morgenluft unseren Marsch in Richtung Egglalm. Einst eine wichtige Passstation auf der Hengstpaßhöhe, liegt sie direkt am historischen „Proviantweg“.

 

Diese Route begeisterte nicht nur mit ihrer landschaftlichen Schönheit, sondern bot auch ein intensives Naturerlebnis, das mit allen Sinnen wahrgenommen wurde. Überall spürte man, dass man sich in einem Almgebiet befand.

 

Unterwegs passierten wir mehrere Kuhtritte und Weidegatter, die so konstruiert sind, dass Rinder sie nicht übersteigen oder durchqueren können, während Wanderer sie mühelos passieren. Eine besonders verbreitete Variante ist der Viehrost – ein Gitter aus Metall oder Holz, das für Rinder unangenehm zu betreten ist und sie somit effektiv fernhält. Auf Almen gibt es verschiedene Methoden, um Weidetiere in bestimmten Bereichen zu halten, ohne Wanderer zu behindern. Neben Viehrosten kommen auch Drehkreuze oder spezielle Schranken zum Einsatz, die ausschließlich für Menschen passierbar sind.

 

Das erste Etappenziel unserer Tour war Zottensberg, und unsere Route führte uns über den Proviantweg.

 

Diese historische Wanderroute diente einst dem Transport von Proviant und Eisen über den Hengstpass. Heute ist sie Teil einer malerischen Strecke durch das Garstnertal.

 

Der Proviantweg verlangt eine gewisse Trittsicherheit, ist aber durchaus familientauglich. Seine Herausforderungen liegen in der Steilheit und dem unebenen, steinigen Untergrund, der Wanderer auf die Probe stellt.

 

In gemächlichem Tempo und mit stetigem Auf und Ab über unterschiedlichste Bodenbeschaffenheiten näherten wir uns allmählich Zottensberg. Das letzte Stück unserer Wanderung führte durch einen dichten Hochwald – eine Szenerie, die alle Sinne fesselte. Das Spiel der Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach brachen, tauchte den Wald in ein sanftes Licht. Die Stille war zugleich erfüllt vom Leben: dem melodischen Gezwitscher der Vögel und dem erdigen Duft des Waldes. Hier fühlte man sich unwillkürlich an die Erzählungen von Adalbert Stifter erinnert.

 

Adalbert Stifter, bekannt für seine detailreichen Naturbeschreibungen und seine ruhige, oft melancholische Erzählweise, hat mit Der Hochwald eines seiner bedeutendsten Werke geschaffen. Doch die Erzählung ist mehr als eine Liebesgeschichte – sie beleuchtet tiefgründige Themen wie Natur, Heimat und Schicksal. Der Wald erscheint als mystischer Ort, der zugleich Schutz gewährt und eine verborgene Gefahr in sich trägt. Die ruhige, malerische Beschreibung der Landschaft hinterlässt einen bleibenden Eindruck.

 

Nachdem wir diesen idyllischen Waldabschnitt hinter uns gelassen hatten, offenbarte sich eine atemberaubende Aussicht auf die umliegenden Berge der Pyhrn-Priel-Region. Majestätisch erhob sich der Große Priel, mit 2.515 Metern der höchste Gipfel des Toten Gebirges, rund 36 Kilometer entfernt. Auch der Kleine Priel war von verschiedenen Aussichtspunkten sichtbar, ebenso das imposante Warscheneck, das die Berglandschaft eindrucksvoll ergänzte.

 

Nach etwa drei Stunden erreichten wir schließlich das erste Ziel unserer Tour. Dem Berggasthof Zottensberg in Edlbach. Ein charmanter Ort auf 900 m Seehöhe, der uns mit seiner einladenden Atmosphäre zu einer wohlverdienten Rast willkommen hieß.

 

Bei einer wohlverdienten Pause im Berggasthof konnten wir uns stärken und unsere Getränkeflaschen auffüllen.

 

Frisch erholt setzten „fast“ alle ihren Weg fort – unser Ziel: Windischgarsten. Zunächst führte der Weg über gut begehbare, sanft abfallende Pfade. Nach einigen Kilometern erreichten wir die Distelmühle, eine idyllische Zwischenstation auf unserem Weg. Die naturbelassenen Wege, gesäumt von Wurzeln und Steinen, erforderten etwas Trittsicherheit, doch die traumhafte Aussicht auf die majestätischen Berge der Pyhrn-Priel-Region belohnte unsere Mühen.

 

Die letzten Kilometer unserer Wanderung verliefen über gut ausgebaute Wege, die sanft ins Tal führten und schließlich in Windischgarsten mündeten – unser Ziel war erreicht.

 

Diese Wanderung vereinte Naturgenuss, eine angenehme Herausforderung und beeindruckende Landschaftsbilder. Die abwechslungsreiche Bodenbeschaffenheit machte das Erlebnis besonders angenehm, und die wechselnden Szenerien sorgten für unvergessliche Eindrücke.

 

Den krönenden Abschluss unserer wunderbaren Tour genossen wir im Gasthof Kemmetmüller in Windischgarsten, bevor wir mit dem Zug zurück nach Linz fuhren – wo schließlich alle wohlbehalten ankamen.

 

Das war eine Wanderung des OÖ Blindensportclubs der Kategorie 1. Die Wanderung dauerte etwa 4,5 Stunden und hatte eine Gesamtlänge von etwa 14 km.

 

Ein herzliches Dankeschön an alle, die diese wundervolle Wanderung möglich gemacht haben. Ohne ihr Engagement würden viele Blinde und Sehbehinderte solche unvergesslichen Erlebnisse und Eindrücke niemals erfahren.

 

Unser besonderer Dank gilt Elfriede A. und Elisabeth B., die die Tour mit großer Kompetenz und Hingabe geleitet haben. Ebenso danken wir Alfons A. für die perfekte Organisation der Anreise zum Hengstpass. Ein spezielles Dankeschön geht an die erfahrenen Begleiter, deren Unterstützung unverzichtbar war. Ohne sie wäre diese Wanderung nicht dasselbe gewesen.

 

Besonders berührend war das tiefe Vertrauen zwischen Blinden, Sehbehinderten und ihren Wandergefährten – ein Vertrauen, das seit vielen Jahren besteht und diese Gemeinschaft stärkt. Ich konnte es selbst spüren, jedes Mal, wenn meine Begleitung achtsam die Steine aus meinem Weg räumte.

 

Anmerkung Gerhard Hojas:

 

Zusatzinfos: Solche Touren sind in 4 Kategorien unterteilt:

 

Kategorie 1:

Die Tour ist überwiegend geprägt von einfachen Wegen und Pfaden. Bodenunebenheiten und kleinere Hindernisse am Weg werden durch Steine, Wurzeln, usw. gebildet.

 

Kategorie 2:

Die Tour führt über alpines bis hochalpines Gelände mit allen dabei möglichen Geländeformen und Bodenbeschaffenheiten. Im Wegverlauf befindliche Hindernisse wie z.B. größere Steine und Felsbrocken, usw. sind keine Seltenheit. Trittsicherheit und Erfahrung beim Gehen im alpinen Gelände sind auf den oftmals schmalen und unwegsamen Pfaden erforderlich. Die Tour führt angepasst an das alpine Gelände durch unterschiedlich stark geneigtes bis steiles Gelände.

 

Kategorie 3:

Die Tour führt über alpines bis hochalpines Gelände. Zusätzlich zu den Anforderungen der Kategorie 2 kommen Tourenpassagen mit ausgesetztem, schwierigem und oder sehr steilem Gelände. In diesen Bereichen werden durch die Begleitpersonen einfache zusätzliche Rücksicherungsmaßnahmen durchgeführt.

 

Kategorie 4:

Die Tour führt über alpines bis hochalpines Gelände. Zusätzlich zu den Anforderungen der Kategorie 3 kommen Tourenpassagen mit besonders ausgesetztem, besonders schwierigem und oder extrem steilem Gelände. Diese Bereiche sind in der Regel durch permanente Seilversicherungen abgesichert in denen sich der Teilnehmer mittels persönlicher Schutzausrüstung (Sicherungsgurt, Sicherungskarabiner, usw.) sichert.

 

Zusatzausrüstung-Begleiter:

 

Alle Begleiter:

1 Bandschlinge am Rucksack befestigt als Halte-/Anhaltemöglichkeit für die blinden Teilnehmer.

 

Biwaksack, Erste Hilfe Ausstattung.

 

Weil manche Menschen noch immer nicht verstehen warum auch Blinde und Sehbehinderte etwas besonderes erleben möchten:

 

Wandern und Bergsteigen bieten blinden und sehbehinderten Menschen viele Vorteile, die über das Sehen hinausgehen. Die Natur kann auf so viele Arten erlebt werden—durch das Hören des Windes, das Rascheln der Blätter, das Rauschen eines Wildbaches, das Donnern eines Wasserfalls oder das Zwitschern der Vögel. Das Fühlen der unterschiedlichen Bodenstrukturen, die Wärme der Sonne oder die Frische der Höhenluft machen die Erfahrung besonders intensiv.

 

Außerdem ist es eine tolle Möglichkeit, Selbstständigkeit und Selbstvertrauen zu stärken. Viele blinde Wanderer nutzen Taststöcke oder gehen mit Begleitpersonen, die sie unterstützen. Das Überwinden von Herausforderungen und das Erreichen eines Gipfels gibt ein starkes Gefühl von Erfolg und Freiheit. Und natürlich darf die soziale Komponente nicht fehlen—gemeinsames Wandern fördert den Austausch und das Gemeinschaftsgefühl.

 

© Mai 2025 by Gerhard Hojas

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