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Geschichte – Die Steiermark ist das Vampirland

Die Steiermark ist das Vampirland

Wusstest Du, dass Carmilla, Ur-Vampir der Schauerliteratur, in der Steiermark zu Hause war? Auch Dracula wäre Steirer geworden – hätte Bram Stoker nicht Transsylvanien entdeckt.

Literarische Vorlage

Carmilla ist eine 1872 erschienene Novelle des irischen Schriftstellers Sheridan LeFanu, in der die Begegnung einer jungen Steirerin mit dem weiblichen Vampir Carmilla geschildert wird. Die Titelfigur gilt als Prototyp einer langen Reihe weiblicher, auch lesbischer Vampire, auch wenn LeFanu – der viktorianischen Moral entsprechend – Sexualität nie deutlich macht.

„Du hast bestimmt schon von dem grässlichen Aberglauben gehört, der in der Steiermark, in Mähren, Schlesien, im türkischen Serbien, in Polen und sogar in Russland grassiert, dem Aberglauben – denn so müssen wir es nennen -, dass es Vampire gibt?“, fragt Laura, die Erzählerin der Vampir-Geschichte „Carmilla“ (1872) des irischen Autors Sheridan LeFanu. Das Mädchen residiert mit ihrem Vater in einem Schloss „30 Meilen von Graz“ und erlebt Schauriges mit einer schönen jungen Frau, die sie im Schloss besucht.

Vampirland. Doch wie kommt die Steiermark in den zweifelhaften Ruf eines Vampirlandes? Warum gehen gerade hier die Untoten um – literarisch wenigstens? Dieser Frage ging Peter Krenn, ehemaliger Leiter des Zeughauses Graz, in einem Aufsatz nach – und stieß auf Schloss Hainfeld bei Feldbach, das größte Wasserschloss des Landes, und dessen aus Schottland stammende Besitzerin, die Gräfin Johanna Anna von Purgstall, eine gebürtige Cranstoun.

Buch. Diese edle Dame trägt die Schuld, dass die Steiermark literarisch zum Vampirland wurde. Denn die alte, kranke Gräfin wünschte Besuch aus ihrer Heimat. Und wirklich, der schottische Kapitän Basil Hall machte nach einer Italienreise Station auf ihrem Schloss – und schrieb darüber einen Reisebericht „Schloss Hainfeld oder: Ein Winter in der Steiermark“, der 1836 erschien und unsere Heimat erstmals im englischen Sprachraum bekannt machte. „Noch weniger hätten wir es geträumt, sechs Monate auf ihrem Schlosse in der Steiermark zuzubringen, einem so entlegenen Lande, von dem wir nichts wussten“, schreibt er und berichtet von „den schwer zugänglichen, von dumpfen Bauernvölkern besiedelten Gebieten, in denen ein zügelloser Aberglaube den verschiedensten Ängsten und Schrecken Gestalt verleiht„.

Die unheimliche Steiermark. Kein Wunder also, dass der irische Autor LeFanu auf der Suche nach dem idealen Schauplatz seiner Vampirgeschichte auf dieses Land zurückgriff. Sogar die Grundidee übernahm er einer „wilden Erzählung“ aus Kapitän Halls Bericht: Eines Tages bittet eine alte Frau in Begleitung eines jungen, hübschen Mädchens einen Steirer um Aufnahme, da sie so erschöpft sei. Die Alte verschwindet und der Mann hat die junge Frau im wahrsten Sinne des Wortes am Hals. Auch lautet der Familienname des Vampirs Carmilla Karnstein – eine eingedeutschte Verballhornung von Cranstoun, dem Mädchennamen der edlen Gräfin von Purgstall.

Noch unheimlicher. Fast wäre es aber noch unheimlicher geworden in der Steiermark: Der wie LeFanu in Dublin geborene Bram Stoker, Autor von „Dracula“ (1897), war von „Carmilla“ stark beeinflusst und wollte die Handlung seines Romans ebenfalls in der Steiermark ansiedeln. Im ersten Kapitel (das später gestrichen wurde und dann als Kurzgeschichte erschien) trifft sein Held in einer schaurigen Walpurgisnacht im dunklen Wald nahe München auf ein Grabmal mit der Inschrift: „Gräfin Dolingen zu Graz in der Steiermark, gesucht und tot aufgefunden 1801“. Doch dann stieß Stoker auf die historische Figur des transsylvanischen Fürsten Vlad III. Draculea – und der Rest ist Geschichte.

(Kleine Zeitung, Graz)