Kunst

Menschen mit Behinderung aus Oberösterreich am Filmset bei  „Des Teufels Bad“ (29.10.2021 bis 30.10.2021)

Anmerkung Gerhard Hojas (Februar 2024): Silberner Bär für „Des Teufels Bad“. Österreichischer Kameramann Martin Gschlacht bei Berlinale ausgezeichnet.

 

Der Wiener bekam die Auszeichnung für seine Kameraarbeit für den österreichischen Film „Des Teufels Bad“ zugesprochen.

 

Mit Soap&Skin-Star Anja Plaschg in der Hauptrolle zeichnet „Des Teufels Bad“ ein Bild des ruralen Oberösterreichs um 1750 anhand des Schicksals einer Frau, die in diesem archaischen Leben gefangen ist.

 

Kinostart: 08.03.2024

Filmlänge: 130 Minuten

 

Trailer „Des Teufels Bad“: https://www.dailymotion.com/video/x8rokaq

Und hier beginnt die Geschichte der Menschen Mit Behinderung aus Oberösterreich bei „Des Teufels Bad“.

 

Es geschieht in Oberösterreich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Ein kleines Kind wird ermordet, eine Frau gesteht und stellt sich. Sie will für ihr Verbrechen hingerichtet werden. Und sie ist kein Einzelfall. (Quelle: Filminstitut.at).

 

Das ist eine Kurzbeschreibung eines historischen Spielfilms, der gerade im Entstehen ist. Basierend auf einem wahren, bisher unbeleuchteten Kapitel europäischer Geschichte. Ein Film über Frauen, Religion und Ritualmord und orientiert sich an damaligen Gerichtsprotokollen.

 

Gedreht wird in Österreich und Deutschland. Die Drehorte in Österreich befinden sich hauptsächlich im Waldviertel (Saß, Kleinzwettl, Höllental).

 

Bei des Teufels Bad sind auch sehr viele Laiendarsteller aus Oberösterreich, die zuvor natürlich alle gecastet wurden, dabei. Nach Empfehlung von der Kunstwerkstatt Theater Malaria (Diakoniewerk) wurden auch die Darstellerinnen und Darsteller der integrativen Theatergruppe ESSELLISSIMO von der Ulrich Seidl Film gecastet. Das war aber bereits im Jahr 2017. So lange läuft dieses Projekt schon und durch Corona wurde es immer weiter nach hinten verschoben.

 

Anfang Oktober 2021 kam die Anfrage von Henry Steinmetz  (Castingdirektor bei der Ulrich Seidl Film) ob noch Interesse besteht. Und so kamen Sabine P. und ich zu Filmehren.

 

Der erste Termin war am 23.10.2021 in Königsleiten bei Litschau. Königsleiten ist ein wunderschönes und ruhiges Ferien- und Theaterdorf im Waldviertel. So ging es am Samstag zur Kostümprobe mit gültigem PCR-Test ins Waldviertel. Nach der Ankunft wurden wir auch sofort wieder einem Coronatest unterzogen. Vorher gab es keinen Zutritt.

 

Zur Kostümprobe kamen wir in einem Raum mit unzähligen Kleiderständern voller verschiedenster Klamotten. Dazu kamen noch Regale, angefühlt mit den unterschiedlichsten Schuhen. Natürlich alles der Zeit angepasst. So um das 18. Jahrhundert.

 

Da man schon vorher seine Kleider- und Schuhgrüße bekannt gegeben hatte, wurde man mit seiner entsprechenden Kleidung ausgerüstet. Es wurde dann alles probiert, getauscht, und wiederprobiert, bis alles saß und passte. Es gab natürlich mehrere Hosen, Hemden oder Schuhe zum Ausprobieren. Mein Janker war nicht barrierefrei. Da war das Innenfutter so kaputt, dass ich ohne Hilfe nicht reinkam. Schließlich passte alles und wir wurden von allen Seiten fotografiert.

 

Ich habe mir auch die verschiedenen Schuhe angesehen und wunderte mich, wie man damals damit gehen konnte. Sie waren schwer, fest und steif. Heute läuft man mit Schischuhen so herum.

 

Im Kostüm ging es anschließend in die Maske zum Schminken. Mir wurde mit dem Hinweis, “ im Mittelalter gab es keine gewaschenen Haare“, sofort ein Fett in die Haare geschmiert und dann wurden sie zu einem Zopf zusammengebunden. Natürlich kam dann noch Schminke ins Gesicht um unreine Haut oder Äderchen zu simulieren. Auch hier wieder Fotos von allen Seiten. Dann kam wieder das zurückverwandeln an die Reihe. Abschminken und zurück in die Privatkleidung. Ich bekam noch die Anweisung, in der kommenden Woche nicht die Haare zu waschen und einen Bart wachsen zu lassen. Und ganz wichtig: Eine warme Unterwäsche anzuziehen. Die Filmszenen spielten schließlich im Mai.

 

Da es am Freitag, 29.10.2021 schon sehr früh los ging, fuhren wir schon am Donnerstag nach Königsleiten. Wir bekamen in Litschau ein Appartement für 2 Nächte zur Verfügung gestellt und brauchten uns auch nicht um die Verpflegung kümmern.

 

Am Freitag, nach dem Eintreffen natürlich wieder sofort der Coronatest. Dann bekam man eine Nummer und mit dieser Nummer erhielt man seine vorbereitete Garderobe. Das faszinierende dabei, sie fragten nicht, wer man ist, sie wussten es und kannten uns alle beim Vornamen.

 

An den Kleiderständern hängten jetzt Säcke mit den Nummern. Natürlich gab es auch hier wieder eine Unterstützung beim Umkleiden. Man bekam sein Kostüm und die Privatkleidung kam in den Sack. Der kam dann zurück mit der Nummer auf den Garderobeständer. Das war mit Unterstützung eine Angelegenheit von einigen Minuten. Gleichzeitig waren 5 Umkleidebereiche eingerichtet. Natürlich nach Geschlecht getrennt. Am 2. Tag ging es noch schneller.

 

Anschließend kam wieder die Maske an die Reihe. Es wurde nach den Fotos aus der Vorwoche gearbeitet. Diesmal wurden auch noch die Fingernägel und die Hände geschminkt. Eigentlich alles, was von der Haut sichtbar war. Auch hier waren gleichzeitig mehrere Maskenbildner am Werk.

 

Wenn eine Gruppe fertig war wurde sie im Shuttlebus nach Saß gefahren. Ungefähr 10 Minuten Fahrzeit von Königsleiten entfernt. Dort stand ein alter Vierkanter aus dem 18. Jahrhundert. Und sonst nichts, außer einer wunderschönen Waldviertler Gegend. Und ein großer Autopark von der Ulrich Seidl Film.

 

Nachdem man in den Innenhof des Vierkanters kam, war man sofort in einer anderen Welt. Die alten Schuppen, das Strohdach, die kleinen Fenster und der rauhe Boden des Innenhofes mit seinen verschieden hohen Granitplatten und somit unebenen Boden. Sehr viele Komparsen standen verteilt oder in Gruppen im Hof und warteten gespannt, so wie wir, was da auf uns zukommt. Eine Gruppe tschechischer Komparsen stach heraus. Es waren Hünen mit 2 Meter Größe, alle hatten lange weiße Haare und Bärte. Was sie aber nicht hatten, das waren „Zähne“. Anscheinend stellten sie eine Gruppe tschechischer Holzknechte dar. Mich erinnerten sie an Rübezahl. Anderen wurden für bestimmte Filmszenen die Zähne gelb gefärbt.

 

Den größten Spaß hatten die Kinder und der Hund Jagger (Laut seinem Herrchen, nach Mick Jagger). Der bekam alle paar Sekunden seine Streicheleinheiten. Die Kinder, vom Baby bis Jugendliche, sahen in ihren mittelalterlichen Kostümen sehr putzig aus. Auch Jagger bekam eine an die Zeit angepasste Leine. Das Herrchen von Jagger, ein älterer Mann mit langen weißen Haaren und Bart hatte es nicht so gut getroffen. Er musste die ganze Zeit mit Holzschuhen herumlaufen.

 

Für den Dreh wurde der ebene Boden seit dem Frühjahr ab- und ausgegraben. Mit Granitplatten und vierschieden großen Steinen ausgelegt und sehr uneben zurückgelassen. Zwischen den Platten gab es Spalten und waren auch noch schief verlegt. So wie es früher so üblich war und niemanden störte. Wer vielleicht das Freilichtmuseum in Stübing bei Graz kennt und dort die alten Bauernhäuser besucht hat, weiß, was ich meine. Der Mann mit seinem Holzschuhen hatte keine Freude mit den Steinen und ich auch nicht besonders.

 

An mehreren Stellen brannten große Feuer. Es gab doch eine große Hochzeit zu feiern. Bei einer Feuerstelle wurde in großen Suppentöpfen herumgerührt. Schließlich sollten die Karotten- und Klachlsuppe für einige Filmszenen zum Ausschenken bereit stehen. Bei einer anderen Feuerstelle steckte eine Wildsau am Spies und es sollte mehrere Stunden dauern bis sie zum Verspeisen bereit war. Dem Komparsen an Feuer, der den Spies drehte wurde versprochen, dass er nach einer Stunde abgelöst wird. Diesen Job wollte aber niemand und so drehte er nach 6 Stunden noch immer gleißig die Sau. Dafür bekam er dann sicher eine Extraportion Wildsau in der Holzschüssel.

 

Obwohl hier mehrere offene und große Feuer im Innenhof brannten, passierte nichts. Alle Holzteile und das Strohdach wurden vorher mit entsprechenden Flüssigkeiten imprägniert. So gab es auch keine Funken, die unkontrolliert herumflogen. Deshalb war auch ein Mitarbeiter für Spezialeffekte dabei. Es waren auch überall Feuerlöscher versteckt und draußen stand die Feuerwehr in Bereitschaft. Ich habe mich am Anfang nur gewundert, warum ein Holzbalken, der direkt über einem Feuer hing, nicht zu brennen begann. Das Rätsel hat mir dann der Experte für die Spezialeffekte erklärt. Und das Feuer nicht immer gleich Feuer ist. Besonders beim Film.

 

Es wurden über dem Tag verteilt (es ging für einige Komparsen bis 22:00 Uhr)

 

Mehrere Filmszenen gedreht. Es wird einmal besprochen und erklärt, dann durchgespielt, dann noch einmal und noch einmal. In der Zwischenzeit wird die Kamera, die Beleuchtung,, der Ton und was so alles dazugehört, aufgebaut. Dann wurde gedreht. Bis alles zusammenpasste (Kamera, Beleuchtung, Ton, Positionen etc.) wurde auch hier mehrmals ein Anlauf genommen. Wenn dieser Dreh abgeschlossen war, wurde für die gleiche Szene alles umgestellt und umgebaut. Und die Szene aus einer anderen Position gefilmt.

 

Einen Tag zuvor war das Filmteam im Höllental und drehten dort eine Szene beim Wäschewaschen am und im Bach. Die Komparsen erzählten, dass sie schon blaue Hände hatten, da die Szenen 10 Mal wiederholt wurden. Im kalten Herbstbach ist das Waschen und das Auswringen nicht so einfach. Das galt auch für die Hauptdarstellerin.

 

Es wurden auch für das Suppe ausschenken genaue Anweisungen gegeben. Schließlich wurden auch hier wieder Kamera, Licht und Ton benötigt. Hier konnte man frei Schnauze reden, sollte aber oberösterreichisch klingen. Beim Aufschneiden der Wildsau wurde vorher auch das Aufschneiden geprobt. Schließlich übernahm Maria Hofstädter, als Mutter der Hauptdarstellerin im Film, selbst diese Aufgabe. Man bekam die gegrillte Wildsau in einer Holzschüssel und musste natürlich mit den Fingern essen. Um auch authentisch rüberzukommen, wischte man seine Finger dann in den Janker. Eine gegrillte Wildsau schmeckt sehr gut. Und als Steirer kenne ich eine Klachlsuppe auch ganz genau.

 

Zwischendurch wurde fleißig getanzt und musiziert. Natürlich auch wieder nach Regieanweisungen und bei laufender Kamera, Ton und Beleuchtung. Da auch diese Szenen mehrmals wiederholt wurden, hingen einige schon bald die Zunge heraus. Aufgrund des unebenen Bodens hielt ich mich von diesen Vergnügen fern und wärmte mich in der Zwischenzeit am Feuer. Klatschen und Johlen kann auch zur Stimmung beitragen. Jedenfalls lies der Regisseur öfters, „jetzt Stimmung“ und „Brillen und Handys weg, wir drehen“, im Hof hören.

 

Die Musikanten waren den ganzen Tag im Einsatz. Es wurde immer und überall aufgespielt. Das waren Profis an ihren mittelalterlichen Instrumenten. Die Instrumente im Mittelalter waren die Harfe, Laute, Fidel, Horn, Flöte und Trommeln, aber auch heute weniger bekannte wie das Psalterium, Trumscheit, die Schalmei, Drehleier oder Sackpfeifen.

 

Auch der Most- und Bierschenk hatte immer viel zu tun. Schließlich gab es den ganzen Tag echtes Bier und echten Most zu trinken. Einigen merkte man das schon an, besonders den tschechischen Hünen. Das war aber beabsichtigt und man konnte ganz sich selber spielen. Aber dafür ist Ulrich Seidl ja bekannt. Natürlich gab es auch alkoholfreie Getränke. Schließlich waren ja auch Kinder dabei.

 

Dann wurde alles für Innenaufnahmen  in den Stadl verfrachtet und es ging wieder von vorne los. Um das Tageslicht noch auszunützen, wurden auch noch Aufnahmen auf der Wiese vor dem Hof gedreht. Dafür standen schon den ganzen Tag Hühner im Stall bereit. Der Hauptdarsteller war natürlich der Hahn. Laut Hochzeitsbrauch wurde er Rituel umgebracht. Aber keine Sorge, nach den Aufnahmen kehrte er glücklich und lebend zu seinen Hühnern zurück.

 

Am späten Nachmittag wurden die ersten Komparsen zurück nach Königsleiten gebracht. Das Umziehen ging jetzt schon schneller. Es stand auch wieder eine Assistenz bereit. Da man den ganzen Tag immer Feuer und Rauch ausgesetzt war, konnte man das auch entsprechend riechen.

 

Am Samstag ging der Tag auch wieder mit dem Coronatest los. Dann wieder mit Unterstützung in die verrauchten Klamotten und dann in die Maske. Und es ging immer schneller. Anschließend stand das Frühstück am Programm. Da konnte man sich diesmal Zeit lassen. Da wir alle in einem Großraumbus nach Kleinzwettl zur dortigen Wehrkirche gekarrt wurden, mussten wir warten, bis alle bereit waren.

 

Im nördlichen Waldviertel liegt eine kleine Ortschaft, Kleinzwettl. Zwei geteerte Straßen führen hin, ein paar Häuser und Bauernhöfe gibt es und die Wehrkirche. Sie steht auf einem sogenannten „Hausberg“, einer Bauform, die in der Mitte aus dem „Kernwerk“ besteht, um das herum ein Graben ist und danach der „Wall“ folgt.

 

In Kleinzwettl wurde „der Auszug aus der Kirche“ gedreht. Die mittelalterliche Wehrkirche mit einer in voller Höhe erhaltener Bruchsteinmauer stellte genau das richtige Umfeld dar.

 

Als wir bei der Kirche  ankamen, war die komplette Filmcrew schon längst bei der Arbeit. Schließlich musste wieder alles aufgebaut werden. Diesmal kam auch ein Kamerakran zum Einsatz.

 

Der Kamerakran wird in der Film- und Fernsehtechnik eingesetzt, um Kamerafahrten in drei Dimensionen zu ermöglichen. Das Motiv wird beispielsweise „überflogen“, die Kamera kann sich von oben auf das Motiv zubewegen oder von ihm entfernen. Es lassen sich auch Flugaufnahmen aus geringer Höhe simulieren.

 

Da es diesmal ein bisschen Action gab, waren auch eine Stuntkoordinatorin und ein Stuntgirl im Einsatz. Jedenfalls mussten wir die Braut, wie es damals wahrscheinlich der Brauch war, über unseren Köpfen nach unten weiterreichen. Dazu gab es wieder die entsprechenden Anweisungen. Zuerst gab es ein Trockentraining, dann kam das Stuntgirl zum Einsatz. Sie wurde am Anfang der Gruppe nach oben gehoben und mit dem Kopf voraus nach unten weitergeschoben. Auch das wurde öfters geprobt. Dabei wurden unsere Positionen (2 Schritte nach oben, 1 Schritt nach rechts usw.) auch ständig angepasst. Mit der Krankamera wurden auch entsprechende Probefahrten gemacht. Schließlich war die Hauptdarstellerin an der Reihe. Auch die musste einige Male über unsere Köpfe nach unten. Mir wurde erzählt, dass sie nicht so glücklich dreinschaute.

 

Beim Proben mit dem Stuntgirl merkte man deren Training. Sie hatte eine extreme Körperspannung von der Sohle bis zur Haarwurzel. Als sie über unsere Köpfe weitergeschoben wurde, war sie so hart wie ein Brett. Somit war sie für uns leicht, sie über unsere Köpfe zu schieben. Bei der Hauptdarstellerin war es schon etwas schwieriger. Sie konnte keine so starke Körperspannung aufbauen und hängte somit gewaltig durch. Aber auch diese Szene brachten wir nach mehrmaligen Durchläufen in den Kasten. So sagte es zumindest der Kameramann.

 

Eine weitere Szene, die gedreht wurde, war das Herunternehmen der Braut am Ende der Schlange. Auch das wurde öfters geprobt und gedreht. Und Schließlich kam es dann zur letzten Szene an diesen Tag. Der Auszug aus dem Kirchhof. Dazu wurde natürlich wieder das komplette Equipment nach draußen geschleppt und wieder aufgebaut. Dann wurde die Szene wieder besprochen, geprobt und gedreht. Einmal kam die Anweisung des Kameramannes, alles nochmal zurück, da haben 2 direkt in die Kamera geblickt. Und alles marschierte wieder die Anhöhe hinauf.

 

Der Tag endete mit einem gemeinsamen Essen der Laiendarsteller  mit der gesamten Filmcrew inklusive der Hauptdarsteller in Königsleiten.

 

Von der Idee bis zum Kinostart oder bis zur Ausstrahlung im Fernsehen kann sich ein Filmprojekt sehr lange hinziehen. Casting der Darsteller, suchen von geeigneten Objekten und Drehorten und deren Adaptierungen. Siehe ab- und umgraben des Innenhofes des Vierkanters. Natürlich mit der Wiederherstellung nach Drehende. Wenn das nicht möglich ist, dann wird auch eine entsprechende Filmkulisse nach- und aufgebaut. So wurde zum Beispiel 1973 im steirischen Bad Mitterndorf für die Verfilmung von Jacks Londons „Wolfsblut“ eine komplette Westernstadt aufgebaut. Die Hauptdarsteller damals waren Franco Nero und Raimund Harmsdorf (Der Seewolf). Der nach einer Schmutzkübelkampagne einer deutschen Zeitung kein Engagement mehr bekam und sich deshalb das Leben nahm.

 

Es war ein tolles Erlebnis, so etwas einmal aus der ersten Reihe miterleben zu dürfen und können. Da stellt sich die Frage, ob man das kann, gar nicht. Man kann es einfach. Alle, die so eine Gelegenheit bekommen, sofort zugreifen! Und wenn es nur ein Casting ist. Obwohl sehr viel Zeit mit warten verbracht wird, kann man überall seine Eindrücke sammeln und auch ins berühmte Fettnäpfchen treten.

 

Wenn man nun fast blind ist, hat man auch entsprechende Erlebnisse, besonders wenn man nicht erkennt, wer neben dir steht.

 

So stand ich mit einem Humpen bei der Wildsau am Grill und unterhielt mich mit dem Metzger. Da gesellte sich eine Dame zu uns und stieß mit mir an. Als ich nach den Namen fragte, kam die Antwort: „Maria“. Ich stellte mich auch vor. Dann wollte ich wissen, ob sie auch zu den Komparsen gehört. Ihre Antwort: „Nein, ich bin die Hauptdarstellerin Maria Hofstätter“. Wir haben uns dann sehr gut unterhalten. Und ich kann immer sagen, dass ich Maria Hofstätter am Filmset kennengelernt habe.

 

Auch der Hund Jagger, von dem man in den 2 Tagen kein einziges Bellen gehört hat, zeigte was er draufhat, als eine Katze vorbeirannte.

 

Und die Kinder träumten schon von Millionen, als sie ihre Gage abholten.

 

Was schon bei der Ankunft zur Kostümprobe auffiel, wir wurden nicht gefragt, wer wir sind. Sie wussten, wer wir waren und sprachen uns sofort mit unseren Vornamen an. Das wurde von der gesamten Crew so praktiziert und man fühlte sich sofort willkommen und mittendrin. Mir wurde auch kein Formular zum Ausfüllen vorgelegt. Entweder war es schon ausgefüllt oder mir wurde sofort Hilfe angeboten. Auch beim Drehen war immer eine Unterstützung bereit, auch vom Regisseur himself. Sie wussten, wie man mit Menschen mit Behinderung umgeht. Solange es solche Menschen gibt, ist die Welt noch nicht verloren.

 

Ich bin schon auf das Ergebnis gespannt. Wie aus vielen Einzelszenen und Episoden der Film zusammengeschnitten wird. Für mich war es ein Kuddelmuddel, dass aber perfekt funktionierte. Es wurde nichts dem Zufall überlassen. Es war immer alles zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Sie hatten an alles gedacht. Bis auf eines: Freitag Vormittag wurde verzweifelt jemand gesucht, der ein Bierfass anschlagen kann.

 

Und eine gegrillte Wildsau schmeckt hervorragend.

 

Details zum Film:

 

Titel: Des Teufels Bad.

 

Englischer Titel The Devil’s Bath

 

Drehbuch und Regie: Veronika Franz, Severin Fiala

 

Regie Severin Fiala, Veronika Franz

 

Kamera Martin Gschlacht

 

Schnitt Michael Palm

 

Original-Ton Andreas Hildebrandt

 

Sound Design Matz Müller, Erik Mischijew

 

Kostümbild Tanja Hausner

 

Szenenbild Andreas Donhauser, Renate Martin

 

Musik Anja Plaschg

 

Besetzung Anja Plaschg (Agnes), Maria Hofstätter (Mutter)

 

Produktionsleitung Edgar Cox

 

Fernsehbeteiligung ORF (Film/Fernseh-Abkommen), BR/Arte

 

Drehort Österreich, Deutschland

 

Drehzeit November 2020 – Dezember 2021

 

Drehtage 40

 

Drehstart 07.11.2020

 

Fertigstellung Winter 2022/2023

 

Produzent in Österreich Ulrich Seidl

 

Ein danke geht an die ehemalige Theatergruppe ESSELLISSIMO. Schließlich habe ich dort einiges gelernt und hatte tolle Theaterkollegen. Ohne deren damaliger Unterstützung und Geduld hätte ich dieses Erlebnis nicht gehabt. Bis uns das Leben einholte und eine Dame mit enormer krimineller Energie alles zunichte machte. Leider ist sie schon wieder in Freiheit.

Und ein besonders großes danke geht an Sabine für ihre großartige Unterstützung. Ich habe mich immer sicher gefühlt.

© Oktober 2021 by Gerhard Hojas

Kreativworkshop für Blinde und Sehbehinderte mit Leinwand, Farben, Pinseln etc.

Unter dem Motto „Wir können das!“ wurde am 03.05.2023 am Standort Linz der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs der Kreativworkshop „Malen mit verminderter Sehkraft“ veranstaltet.

 

Die Nachwuchskünstler, von Vollblind bis schwer Sehbehindert, harrten der Dinge, die auf sie zukommen sollten. Zum Schutz vor der Kleckserei waren sie mit Arbeitsmantel, Gummihandschuhen, selbstgebastelten Ponchos aus einer Folie oder mit alten T-Shirts ausgestattet. Um am Ende des Workshops festzustellen, dass kaum gepatzt wurde. Die Farben landeten auf der Leinwand und nicht am Boden.

 

Durch die tolle und professionelle Vorbereitung der Standortleiterin Christine Bürgstein, sowie unseres Mentors Mag. Dr. Walter Öllinger und Ulli war schon alles für den Start vorbereitet. Die Tische waren abgeklebt, die Farben, Ölkreiden, Stifte und Pinseln in allen Breiten und Längen warteten auf ihren Einsatz.

 

Zum Start unserer Künstlerkarriere packten wir erst einmal die 100 mal 60 cm großen Leinwände aus der Folie und dann erfuhren wir, welchen Zweck die mitgelieferten Keile haben und wie sie fachgerecht am Rahmen angebracht und befestigt werden. Dann mussten wir uns überlegen, was wir eigentlich auf die noch leere und weiße Leinwand bringen wollen. Wichtig war natürlich auch, wo fängt man an und mit welcher Farbe. Im laufe des Workshops stellte sich aber heraus, wenn etwas nicht sofort gelingt, man kann ja darüber malen.

 

Es war auch faszinierend, wie unterschiedlich der Zugang der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu ihren entstehenden Kunstwerken war. Und wieviel man als Vollblinde Person aus der Erinnerung heraus etwas gestalten, formen oder auch malen kann. So kam ein tolles Landschaftsbild von Martin zustande. Schließlich muss man aus der Erinnerung heraus die Wolken, Gebirgsketten oder andere typische Landschaftsobjekte auf die Leinwand bringen. Hier wurde er von Ulli hervorragend assistiert. Aber es sind alle an diesem Tag entstandenen Bilder einmalige Kunstwerke geworden.

 

Bei anderen entsteht das Bild während des Tuns auf der Leinwand. Da kann es schon vorkommen, dass nach 15 Minuten etwas anderes auf der Leinwand erscheint, als man vorher im Kopf hatte. Durch die vielen Farben, den unterschiedlichsten Pinseln, die Kombination von verschiedenen Maltechniken, das Einsetzen von Wasser (damit die Farben verrinnen), hat alles Auswirkungen auf das Endergebnis.

 

So entstanden an diesem Mittwoch in der Anzengruberstraße 6 in Linz die einmaligen Kunstwerke von Andrea, Sonja, Martin und Gerhard. Und es werden sicher noch einige hinzu kommen.

 

Das wäre aber nicht ohne der professionellen Unterstützung und Anleitung von Mag. Dr. Walter Öllinger und von der Unterstützung von Ulli möglich gewesen. Mit ihrem Einfühlungsvermögen und ihrer sozialen Kompetenz war niemand besser geeignet, diesen Workshop für Blinde und Sehbehinderte zu leiten.

 

Mag. Dr. Walter Öllinger betreibt das Atelier Rudolf 13 in Linz/Urfahr und kann auf zahlreiche nationale Ausstellungen verweisen. Malen ist für ihn ein unverzichtbarer Teil seines Lebens geworden.

 

Natürlich besteht die Idee, die im Kreativworkshop „Malen mit verminderter Sehkraft“ entstandenen Kunstwerke auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schließlich gehört die Kreativität zur Inklusion. In der Anzengruberstraße 6 in Linz wurden die Strukturen geschaffen, dass Blinde und Sehbehinderte diese Kreativität Leben können.

 

Danke an die Organisation für die Durchführung dieser tollen Veranstaltung!

 

Da bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern schon neue Ideen im Kopf herumschwirren, können sie die Fortsetzung des Workshops kaum erwarten.

 

Denn „Wir können das!“.

 

Link zur Homepage von Mag. Dr. Walter Öllinger (): http://www.farbenspiele.at/

 

© Mai 2023 by Gerhard Hojas

3 Tastmodelle für Blinde und Sehbehinderte in Linz

Es gibt zur Zeit in Linz 3 Tastmodelle für Blinde und Sehbehinderte.

Die Standorte sind:

AEC – Ars Electronica Center, Ars-Electronica-Straße 1.

Das Tastmodell befindet sich direkt beim Eingang zum AEC.

Lentos Kunstmuseum, Doktor-Ernst-Koref-Promenade 1.

Das Tastmodell befindet sich vor dem Kunstmuseum beim Fahrradabstellplatz.

Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7.

Das Tastmodell befindet sich beim Nebeneingang Brucknerhaus.

Alle Tastmodelle sind taktil und mit Braille beschriftet!

Blinde und Sehbehinderte unterstützen die Idee und Sache, dass im Linzer Gemeinderat  ein Antrag eingebracht wird, dass man in Linz weitere Tastmodelle für Blinde und Sehbehinderte aufstellt. Linz soll ein Vorzeigeprojekt für eine ertastbare Stadt werden. Es gibt in Linz verschiedene Bauwerke, die man als Tastmodell gestalten und somit einen weiteren Schritt für ein barrierefreies Linz ermöglichen kann

Dazu gehört meiner Meinung nach auch das forum metall im Donaupark Linz. Das 1977 von Helmuth Gsöllpointner ins Leben gerufen wurde. Auch diese großen Kunstwerke könnte man als Tastmodelle in den Donaupark stellen. Ich habe diesbezüglich schon vor einiger Zeit mit Herrn Gsöllpointner darüber gesprochen. Vielleicht kann ja jetzt etwas daraus werden.

Eine Brückenroas zu den Tastmodellen.

Man kann mit einer gemütlichen Brückenwanderung alle 3 Tastmodelle besuchen und erkunden.

Man beginnt am Linzer Hauptplatz und marschiert bei der Kunstuni vorbei zum Lentos Kunstmuseum. Hier könnte man schon die erste Kaffeepause einlegen. Die Schiffsanlagestellen befinden sich auch in dieser Umgebung. Weiter geht es an der Donau entlang bis zur Strandburg, einer Bar für die Sommermonate mit viel Sand unter den Füßen. Für mich das teuerste Hundeklo der Stadt. Daneben befindet sich schon das Brucknerhaus Linz.

Wenn man jetzt weiterspaziert kommt man zum Musikpavillon im Donaupark. Hier finden in den Sommermonaten immer unterschiedliche kostenlose Konzerte statt. Im Umfeld befindet sich auch eine öffentliche WC-Anlage. Dann kommt man zur neuen Eisenbahnbrücke, die man eigentlich schon immer im Blickfeld hat. Hier überquert man die Donau und wenn man Glück hat, fährt ein Passagierschiff oder Frachter unter der Brücke durch.

Auf der Urfahranerseite .spaziert man auch hier entlang der Donau Richtung Westen zur Nibelungenbrücke und somit Richtung AEC. Auch hier kommt man an einer Schiffsanlagestelle mit einem Gastroschiff und dem Urfahraner Jahrmarktgelände vorbei. Wenn man alles richtig gemacht hat, kommt man direkt beim Ars Electronica Center an und somit ist man beim dritten Tastmodell. Zum Abschluss kann man sich im CUBUS im AEC bei einem Kaffee die Donau und die Altstadt von Linz von oben betrachten. Anschließend geht man über die Nibelungenbrücke zurück zum Hauptplatz oder man benützt die Straßenbahn.

Wenn man diese Runde von der Urfahranerseite beim AEC beginnt, dann sollte man zum Abschluss beim Hauptplatz zum Schloss hochgehen und dort im Schlosscafe sich eine gute Jause gönnen. Auch hier hat man eine grandiose Aussicht auf Linz.

 

Link zu den Tastmodellen: http://www.hojas.co.at/blindinlinz/

Blinde Künstler und ihre erstaunlichen Werke

Zehn bildende Künstler, die komplett blind oder stark sehbehindert sind!

Blinde Musiker kennt man. Stevie Wonder, Ray Charles und Andrea Bocelli – um nur einige zu nennen. Aber blinde Bildhauer und Maler? Menschen, die ihre Werke nicht sehen können? Geht das überhaupt?

Ja, das geht!

Eşref Armağan sieht mit den Fingern

Der Istanbuler Künstler Eşref Armağan ist ein wissenschaftliches Phänomen. Forscher ließen ihn zeichnen, während er im Kernspintomographen lag. Das Ergebnis: Obwohl Armağan von Geburt an blind ist und die Farben und Formen der Welt nie gesehen hat, entsprechen seine Hirnaktivitäten beim Malen denen eines Sehenden.

Was Armağan zu Papier bringt ist nicht abstrakt, sondern gegenständlich. Seine Methode: Erst ertastet er sich das Objekt, das er abbilden möchte. Dann benutzt er seine Finger, um es darzustellen. 2009 malte er für Volvo den S60. Wie er das gemacht hat, zeigt ein Youtube-Film:

  1. K.O. Götz und sein „Bild für BILD“

Von Karl Otto Götz lernte einst Gerhard Richter, einer der teuersten Maler der Gegenwart. Im Februar wurde Götz 100 Jahre alt. Seit er vor drei Jahren erblindete, sieht er von der Welt nichts mehr. Doch dass vor seinem inneren Auge noch immer die prächtigsten Werke entstehen, bewies er mit seinem „Bild für BILD“. Wie er das hinbekam? „Was ich vorhabe, ist immer vorher in meinem Kopf“, erklärt K.O. Götz. „Dann kommt es auf die Schnelligkeit an, mit der ich die Pinselhiebe ausführe.“

  1. Dario Malkowski (88): Blinder Bildhauer mit Staatsexamen

Am Morgen des 19. November 1944 verlor Dario Malkowski sein Augenlicht. Eine Granate riss dem jungen Soldaten aus Schönebeck (Sachsen-Anhalt) das halbe Gesicht weg. Dann wurde es dunkel – und nie wieder hell. Trotzdem absolvierte er nach dem Krieg eine Ausbildung zum Holzschnitzer. Bei einer Ausstellung gefielen seine Werke den Offiziellen im DDR-Bezirk Magdeburg so sehr, dass sie ihn mit einem Stipendium ausstatteten – nicht wissend, dass er blind ist. Doch die Fachschule für angewandte Kunst in Magdeburg schickte ihn direkt wieder nach Hause. Malkowski blieb hartnäckig und setzte sich durch. Schließlich durfte er studieren und schaffte seinen Abschluss. Seither arbeitet er als freier Bildhauer.

Seine Werke kann man auf der ganzen Welt betrachten. In der Washingtoner Kongressbibliothek für Blinde und Sehbehinderte zum Beispiel, aber auch in Athen, Leipzig, Wien, Petersburg und Paris.

Malkowski schuf unter anderem die Preisskulptur des Deutschen Hörfilmpreises. Das drei Kilogramm schwere Bronzerelief trägt den Namen „Die Lauschende“

  1. Ricky Trione fand die Farben erst, als er blind war

Früher zeichnete Ricky Trione vorwiegend in Schwarz und Weiß. Auf seiner Homepage zeigt er die Bilder: feine Striche, klare Linien. Doch dann ereilten ihn zwei unglaubliche Schicksalsschläge im Abstand weniger Jahre. 1993 wirbelte ein Holztransporter einen Stein auf. Er flog durch das offene Fenster von Triones Auto, traf ihn am linken Auge. Sieben Jahre später verlor er bei einem ähnlichen Unfall auch noch sein rechtes Auge, als ihn ein Reifenteil eines vorbeifahrenden Trucks im Gesicht traf.

Trione überwand Trauer und Niedergeschlagenheit und ging wieder ans Werk. Wegen seiner Blindheit musste er allerdings seine Arbeitsweise ändern. Er malt jetzt bunt und arbeitet teilweise kleine Skulpturen in die Bilder ein. Warum? Damit er die Farbschichten spürt, die er mit den Fingern auf dem Papier verteilt. Trione: „Es gibt so viele Wege, unsere anderen Sinne zu benutzen.“

  1. Die Kunst brachte John Bramblitts Leben wieder in Form

Auch John Bramblitt muss die unterschiedliche Beschaffenheit der Farben an den Fingern spüren, um sich auf der Leinwand zurecht zu finden. Er erblindete 2001 infolge seiner Epilepsie. Damals fühlte er sich allein und ausgestoßen, seine Zukunft schien in Scherben zu liegen. Dann entdeckte er die Malerei für sich und schöpfte neuen Mut. Er sagt: „Die Kunst hat mein Leben wieder in Form gebracht.“ Heute gibt er Kurse und ist auch als Buchautor erfolgreich.

  1. Silja Korn ist

    erfolgreiche Fotografin

Aktuell werden die Fotografien von Silja Korn (48) in der ungarischen Botschaft in Berlin ausgestellt. Und Ende des Jahres kommen sie in die Sammlung der Ungarischen Nationalgalerie. Das Besondere daran: Die erfolgreiche Fotografin ist seit ihrem 17. Lebensjahr blind! Bei einem Autounfall erlitt sie schwere Augen-Verletzungen. Eine Fotografin brachte ihr vor neun Jahren den Umgang mit einer Kamera bei. Ihre Foto-Motive wählt Silja Korn mit den Händen oder den Ohren.

  1. Felice Tagliaferri verbietet, seine Kunst NICHT anzufassen

Seit er 14 Jahre jung ist, kann Felice Tagliaferri (heute 41) nicht mehr sehen. Mit seinen Händen schafft der gelernte Restaurateur wunderschöne Skulpturen mit feinen Details. Besonders berühmt ist seine Figur des liegenden Jesus Christus: eine Nachbildung des Originals von Giuseppe Sanmartino aus dem Jahr 1753. Tagliaferri war verboten worden, das Original mit seinen Händen zu berühren. Also schuf er seinen eigenen liegenden Jesus, ganz ohne das Original anzufassen. Nur mit mündlichen Hinweisen.

Der Jesus von Tagliaferri ist athletischer und besitzt trotzdem erstaunliche Details. „Es ist verboten, ihn NICHT anzufassen“, sagt Tagliaferri.

Tagliaferri arbeitete in Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland. Seine Werke wurden auch außerhalb dieser Länder gezeigt. Ein Museum an der italienischen Ostküste hat Tagliaferri-Skulpturen eine ganze Sektion gewidmet. Außerdem gibt er Kunstworkshops für blinde und sehbehinderte Menschen.

  1. Keith Salmon wurde als Landschaftsmaler ausgezeichnet

Die Berge und das Malen. Diese zwei großen Leidenschaften hatte der Brite Keith Salmon (54) schon immer. Dann nahm seine Sehkraft plötzlich rapide ab. Der Grund: Diabetes. Auf dem linken Auge ist er mittlerweile komplett blind, rechts kann er nur noch Schemen erkennen. Trotzdem wandert Salmon immer noch in den Bergen. Und er malt auch weiter. 2009 erhielt er den mit 20 000 Pfund (25 000 Euro) dotierten Jolomo-Preis für seine atmosphärischen Bilder der schottischen Landschaft. Keith Salmon: „Ich male mit dicken Pinseln, trage Farbschicht um Farbschicht auf und kratze schließlich mit einer stumpfen Klinge wieder Farbe ab.“ Auf diese Weise erscheinen seine Werke filigran – auch wenn er selbst kaum Details wahrnehmen kann.

  1. Albert Schmiege muss um

    die Ecke malen

Wenn Albert Schmiege sehen will, was er mit rechts macht, muss er nach links schauen. Der US-Amerikaner leidet an Morbus Stargardt, einer seltenen Netzhaut-Erkrankung. Was direkt vor ihm passiert, bleibt ihm verschlossen. Lediglich an den Rändern seines Sichtfelds kann er Dinge erkennen – aber auch das nicht gut. „Es fing 1985 an, ich war 24 Jahre alt“, berichtet er. „Meine Kinder waren noch klein, und das härteste für mich war, dass ich nicht mehr in der Lage war, ihren Gesichtsausdruck zu sehen.“

Schmiege musste seine Arbeit aufgeben, fand sich in der Welt nicht mehr zurecht. Doch eines gab er nicht auf: seine Malerei. „Das ist etwas, das ich ganz für mich allein tun kann. Ich male im Keller, muss dafür nicht raus. Zu Malen bedeutet für mich, Unabhängigkeit zu erreichen.“ Mittlerweile hat es Schmiege zu einiger Bekanntheit in den USA gebracht. Er sagt: „Ich bin auf viele Arten gesegnet.“

  1. Sanja Fališevac ist taub und blind

Zuerst verlor Sanja Fališevac (49) aus Zagreb (Kroatien) ihr Augenlicht – und dann wurde sie auch noch taub. Wer mit ihr kommunizieren möchte, muss ihr Botschaften auf die Handfläche streicheln. Aber das hat sie nicht davon abgehalten, ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Sie ist eine erfolgreiche Künstlerin. In ihrem Atelier zeigt sie stolz die zahlreichen, zauberhaften Skulpturen, die sie in ihrer Phantasie erschaffen und mit ihren Händen geformt hat.